Gesundheit: Skin Picking
- Flo Zeidler
- 4. Mai 2016
- 3 Min. Lesezeit
Ein kleiner aber feiner Einblick in meine Pickel Zeit als Teenager.
Angefangen hatte das Dilemma mit 16 Jahren bei mir. Bis dahin hatte ich echt Glück im Leben. Heißt: Nie Pickel.
So viel sei gesagt: Ich hatte nie viele Pickel von alleine aus, sondern habe erst durch mein Handeln unnötige Pickel entstehen lassen. Ich litt nie unter Akne, aber den einen oder anderen Pickel hatte ich dann doch schon bekommen.
Und wie ich mich dafür geschämt hatte, da Ich Pickel optisch gesehen als sehr, sehr hässlich und belastend empfand!
So eklig die Pickel optisch auch waren, so viel Spaß hat das Ausdrücken gemacht. Das rausdrücken, aufpoppen des Pickels und rausspritzen von Eiter (ob flüssig oder fester Natur) hatte ein sehr positives Gefühl in mir erzeugt.
Strange was? Eigentlich nicht. Alle meiner Freunde feierten ebenso das Pickel-drücken!
Entwicklung zum Skin-Picking
Zu dieser Zeit hatte sich leider ein ganz neuer, viel stärkerer Drang zur „Bearbeitung“ meiner Haut entwickelt. Als die Pickel zu wenig wurden, habe ich leider Gottes auch angefangen, Mitesser zu töten… und damit begann der Anbruch des Pickel- und Skin-Picking-Zeitalters!
Ich hatte im Gesicht, auf Schultern und Rücken wirklich alle Mitesser getötet und im Zuge dessen sehr viele Pickel erzeugt. Ich befand mich mit der Zeit in einen Teufelskreis:
Drang, Pickel auszudrücken--> sehr gutes Gefühl--> nach kurzem Rausch von „Glücksgefühlen“ und dem Entstehen von Pickeln --> Frust sowie Unwohlbefinden --> Drang, Pickel auszudrücken…
Ich konnte nicht damit aufhören. Nach jeder „Bearbeitung“ meiner Haut habe ich mich unheimlich geschämt und widerlich gefühlt.
Ich wusste vor jeder „Bearbeitung“, dass es mir danach schlechter gehen wird, aber ich konnte diesem Impuls einfach nicht widerstehen. Der Drang war einfach zu groß.
Es war eine krankhafte Sucht, alle noch so kleinen Mitesser rauszuholen. Dieser Sucht war ich mir aber leider Jahre nicht bewusst. Ich musste es einfach tun, es war völlig normal für mich.
Ohne nachzudenken bin ich immer ins Badezimmer und habe teilweise Stunden damit verbracht, alle Mitesser zu vernichten.
Ich weiß noch ganz genau, wie ich Woche für Woche meine Freitagabende damit verbracht habe, 1-2 Stunden sämtliche Pickel/Mitesser zu töten. Ich brauchte das dadurch ausgelöste Gefühl!
Es ging mir so unglaublich gut, wenn ich einen Mitesser ausgequetscht habe. In den Momenten vor und während der „Bearbeitung“ habe ich an nichts anderes gedacht. Es ging mir echt gut. Alles bedrückende zuvor war wie weggeblasen. Ich war in meiner eigenen Welt. UND DAS IST STRANGE!!!
Ich habe mir kurz danach immer in den Arsch gebissen, weil ich mich einfach blutig „bearbeitet“ hatte, aus Mitessern richtig fiese Pickel wurden… aber ich konnte damit nicht aufhören. Es ging mehr als drei Jahre so. Woche für Woche.
Auswirkungen
Im Zuge von den dadurch entstandenen Pickeln habe ich es auch oft ausgeschlagen, abends wegzugehen, weil mir die Pickel im Gesicht zu eklig erschienen.
Wenn ich mal einen Monster-Pickel in der Fresse hatte, kam es sicherlich auch schon vor, nicht zur Schule gegangen zu sein, einfach aus Scham.
Und auch immer Sommer habe ich mir den ein oder anderen See/Schwimmbadtag entgehen lassen, weil ich für mein Befinden einfach zu viele Pickel hatte.
Ergebnis des Ganzen war eine immer mehr wachsende soziale Isolation. Irgendwann habe ich selber gemerkt, wie süchtig ich danach war, wusste aber nie, dass es dieses „Skin Picking“ wirklich gibt und eine Krankheit ist.
Hier ein Foto von 2014. Achte auf die Schulter...

Zu der Zeit war ich schon ziemlich am Ende der Skin-Picking- Sucht. Und trotzdem ist meine Schulter gut "bearbeitet". Es gab deutlich schlimmere Phasen!
A NEW LIFE BEGINS WITH A NEW MIND.
Mit der in den Jahren dazugewonnenen Selbstdisziplin bin ich davon losgekommen. Natürlich war das ganze ein längerer Prozess, der mich Monate an Zeit kostete. Stück für Stück wurde es besser.
Manchmal, ganz selten, erwische ich mich noch, wie ich einen Mitesser töte, aber trotzdem bin ich davon los, es unbedingt machen zu müssen.
Die Lösung ist einfach:
Da es ein Kopfproblem ist, genügt es, sein Denken umzuprogrammieren. Man braucht lediglich Selbstdisziplin/ Selbstbeherrschung. Diese Eigenschaft habe ich mir über Fitness angeeignet. Man verringert die Häufigkeit der „Bearbeitung“, und mit der Zeit wird diese schlechte Angewohnheit automatisch aufgegeben.
Klingt simple, ist es auch. In der Theorie…
Es hat mich aber über Jahre gekostet, weil ich mir dessen lange Zeit nicht bewusst war. Einmal diese Sucht überwunden, lebt es sich dann wieder viel besser. Nur vereinzelte Narben auf den Schultern erinnern mich noch an diese Zeit.
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