Gesundheit: HIV-Paranoia
- Flo Zeidler
- 4. Mai 2016
- 5 Min. Lesezeit
Die schlimmste Woche meines Lebens!!!

Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt körperlich fast vollständig fit war,
umso krasser war diesmal mein Kopf gefickt. Gefickt von keinen schlimmeren Gedanken als der, HIV zu haben!
Wie konnte es nur so weit kommen?
Ich hatte am Mittwoch diesen Gedanken entwickelt, evtl. an HIV erkrankt zu sein und mir damit selber die folgende Woche zur Hölle werden lassen.
Warum? Weil ich nunmehr seit einem halben Jahren an Infektionen, präziser gesagt an Abszessen litt und mehr als zehn verschieden behandelnde Ärzte keine Ahnung hatten, was mit bzw. in mir vorging!
Ich hatte DEN GRÖSSTEN FEHLER überhaupt gemacht und mich im Internet zu HIV belesen. Ich wollte unbedingt Fakten haben, die gegen HIV sprechen, um mir damit ein ruhiges Gewissen zu verschaffen. Stattdessen habe ich von Artikel zu Artikel, Erfahrungsbericht zu Erfahrungsbericht zum Thema HIV immer mehr daran geglaubt,
mich echt infiziert zu haben.
Es gab jetzt mehrere Möglichkeiten, wie ich ES hätte bekommen können:
Der Rasierer aus dem 2nd Hand Shop in Neuseeland (DUMMERWEISE nie richtig sauber gemacht vor Benutzung)
Impfung in Kuala Lumpur
Thai Freundin (beim Sex war Kondom gerissen, ich hatte sie noch kurze Zeit weiter gefickt. Nach bemerken hatte sie verdächtig hektisch reagiert…)
Prostituierten (zwar immer mit Gummi Sex, aber Restrisiko natürlich immer vorhanden) Warum war ich jetzt aber so beunruhigt? Ganz klar der Symptome wegen, die der einer HIV Infektion ähnelten: 1. Hautabszesse nach Asien (schon acht Operationen in acht Monaten) 2. Drei Wochen nach Sex mit Thai Erkältung bekomme 3. In gleicher Zeit Hautausschläge in Bläschenform bekommen
Warum konnte es ABER kein HIV sein?
HIV zu haben bzw. ein Leben lang … ICH??? Unvorstellbar! = zu kleiner Horizont
Die Wahrscheinlichkeit, sich in meiner Situation angesteckt zu haben, war sehr unwahrscheinlich
Ich hatte nach Asien zwei bis drei größere Bluttest/ Blutbilder machen lassen, lag im Krankenhaus über sechs Tage, hatte mit über zehn Ärzten zu tun und nie kam das Thema HIV zum Ausdruck… warum also sollte ich HIV haben ?
ALLE Drei Punkte gaben mir aber keine endgültige Gewissheit. Diese würde ich erst mit dem HIV-TEST bekommen.
Und so vereinbarte ich sofort für den nächsten Tag beim Gesundheitsamt einen Termin.
Die Ungewissheit hat mich richtig zerstört! An Schlaf war nicht mehr zu denken seit dem. Ab diesen Gedanken an, HIV zu haben, war ich total am Arsch.
Ich bin also mit jeder weiteren Recherche immer mehr von HIV ausgegangen. Jede weitere Recherche war sinnlos und fickte mich ins unermessliche. Ich bin mit großer Hoffnung in jeden neuen Erfahrungsbericht gegangen und wurde jedesmal enttäuscht. Jedesmal wuchs die Angst vor HIV bzw. der Glaube daran, es zu haben.
Aber es war so unvorstellbar! Mit 22 Jahren HIV positiv? Ich habe mir den Kopf zerbrochen, wie meine Zukunft unter dieser Infektion auszusehen vermag.
"Ich habe HIV." Das war echt böse für mich. Aber ich konnte es mir auf der anderen Seite einfach nicht vorstellen.
Ich bin zu oft die Gefahrensituationen durchgegangen. Hätte ich mich wirklich infizieren können? Hat die Thai überhaupt HIV?
Sofort hatte ich sie angeschrieben und natürlich hieß es von ihrer Seite, sie wäre sauber. Aber sie belog mich so oft, warum sollte sie diesmal die Wahrheit sagen?!
Also schob ich weiterhin Paranoia. Ich war so kaputt im Kopf. Die Angst davor nahm mich richtig böse.
Ich hatte echt Visionen, wie der Arzt zu mir kam und sagte, ich hätte HIV. Und auch meine Reaktion sah ich schon vor geistigem Auge.
"Sollte ich echt so viel Pech haben, dass ich mich bei einer solch harmlosen Situation ansteckte? Ich, der immer verhütete?"
"Das kann nicht wahr sein. Niemals… es würde aber zu gut meine Infektionen erklären." Ich hatte mich wahrscheinlich über zehn Stunden im Internet zum Thema HIV belesen.
Am Donnerstag ging ich zum Gesundheitsamt und ließ den Test machen. Das Pflaster nach der Blutentnahme nahm ich erst nach dem Ergebnis eine Woche später ab. Weil es einfach eine Bedeutung hatte. Es war das Pflaster von der wichtigsten Blutentnahme meines Lebens!
Das Gespräch mit der Sozialarbeiterin nahm ich mit gemischten Gefühlen war. Ich schilderte im 45 minütigen Gespräch meine Erlebnisse, Gefühle und Einschätzungen. Bei jedem kritischen Blick von ihr bekam ich Bammel und musste sofort nachfragen, warum sie so guckte wie sie guckte. Ich war einfach nur KO.
Nach dem Gespräch und anschließender Blutentnahme fühlte ich mich schon deutlich besser, der Gedanke, eine Woche warten zu müssen, zermürbte mich jedoch die Tage darauf wieder.
Ich teilte die Tage mit Freunden meine Ängste und bekam viel Unterstützung, aber die Angst wollte einfach nicht verschwinden. Es wollte einfach nicht raus aus meinen Kopf.
Ich hatte viele Zukunftsvisionen beim HIV-Fall im Kopf, die mir einfach überhaupt nicht passten.
Auch durch meine eigene Wahrnehmung zum Thema HIV begründet. Ich würde niemanden mit HIV verstoßen noch verunglimpfen, jedoch anders behandeln. Der Person einfach leider ängstlicher entgegentreten.
Einfach aus der Angst heraus, mich selber zu infizieren. Auch würde ich niemals mit einer Frau Sex haben wollen, die HIV hat. Die Medien tragen meiner Einstellung sicher auch ihre Schuld bei.
HIV ist nach wie vor ein sehr heikles Thema und infizierte Menschen werden dementsprechend dargestellt.
Ich wäre kein normaler Mensch, sondern ein normaler HIV+ Mensch. Wenn ich also diese Wahrnehmung besitze bzw. Meinung vertrete als sonst sehr toleranter und weltoffener Mensch, wie sollte es dann bitte bei meinem Umfeld aussehen? Vielleicht bin ich auch gar nicht so tolerant, wie ich es immer selbst von mir dachte?
…
Alle Nächte schlief ich einfach beschissen! Ich konnte nachts nicht einschlafen, tagsüber war ich durchgehend mit den Gedanken nur beim Thema HIV.
In der gesamten Woche bis zum Tag der Entscheidung, war ich durchgehend mit HIV beschäftigt. Aber meine Einschätzung änderte sich von Mal zu Mal, auch begünstigt durch Gespräche mit Freunden.
Niemand konnte es sich vorstellen. Ich dann mittlerweile genauso wenig. Eigentlich konnte ich es mir zu keiner Zeit vorstellen. Nur die Angst wurde immer größer und gewann irgendwann Oberhand. Das führte zum absoluten Kopffick.
Am Donnerstag bin ich mit besserem Gefühl aufgestanden, aber im Laufe des Tages wurde es von Stunde zu Stunde schlimmer, bis ich um 15 Uhr beim Gesundheitsamt war, um das Ergebnis zu erfahren.
Ich war FUCKING aufgeregt, blass und zitternd bei der Anmeldestelle nun.
Nach nicht einmal einer Minute kam die Sacharbeiterin zu mir und führte mich in ihr Zimmer. Ich weiß nicht ob ich überhaupt im Zimmer sitzend bis zur Urteilsverkündung atmen konnte. Nach nicht mal einer halben Minute sagte sie mir, der Test sei NEGATIV…
HALLELUJAH
Erkenntnisse:
Sex ist schon ne geile Sache, aber steht nach meiner HIV-Paranoia in einem ganz anderen Fokus jetzt. Meine Loch-ist-Loch-Mentalität hat sich dadurch verabschiedet. Für bisschen Spaß ein solches Risiko einzugehen, passt mir nicht mehr in den Sinn.
Blowjobs (Ansteckungsgefahr sehr gering) zu bekommen, ist bei mir noch immer drin, nur passe ich jetzt sehr stark darauf auf, bei welcher Dame ich ihn jetzt reinstecke. Ohne Gummi kommt schon gar nicht in Frage.
Und auch eine mögliche Freundin müsste sich an Gummis gewöhnen, bis ich 100% sicher bescheid weiß, dass sie sauber ist. Diese 1-Woche-Angst hat sich lediglich auf mein Sexualverhalten stark ausgewirkt.
Als Konsequenz werde ich NIE wieder mit Prostituierten Sex haben! (Wenn ich alt, hässlich, alleine bin und genug Geld habe, dann evtl. wieder;))
Comments